Welche Klangfarbe hat für Sie „Workaholic“?

Zitate zum Thema „Workaholic“ gab es deutlich weniger zu finden, als ich erwartet hatte, und die gingen in eine überraschend verniedlichende Richtung. Eine Erklärung könnte sein, dass die Website hauptsächlich Menschen aus der Unterhaltungsindustrie portraitierte.

Aber vielleicht macht es genau das so spannend: Je weniger Sinnhaftigkeit jemand seinem Beruf zuspricht, desto eher geht sie oder er vielleicht über die Stärke des Einsatzes, die Leistung in Stunden. Warum sollte jemand auf die Idee kommen, allein schon wegen Liebe zum Job jemanden Workaholik zu nennen? Kann ich mir fast nur vorstellen als Kritik aus dem Umfeld: „Du hast ja nur Augen für den Job, und für mich hast Du nie Zeit!“

Wenn Liebe zum Job jemanden zum Workaholiker macht, dann bin ich sicher einer!

Ashish Sharma, indischer Schauspieler

 

Oder, fast als Entschuldigung, als Verherrlichung von „Work hard, play hard“, was ich unter Chirurgen als Argument für ausgelassenes Feiern am Wochenende oft hörte:

Ich bin Workaholikerin, aber ich gehe auch gerne in den Urlaub.

Karrueche Tran, amerikanische Schauspielerin

 

Die Zitate und die so verkürzt wiedergegebenen Aussagen scheinen keine tiefere gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem großen Thema zu spiegeln, wie wir Liebe zur Sache, Anforderungen aus Beruf und Privatleben, plus die Liebe im sozialen Umfeld gut in Einklang bringen können.

Der Überarbeitung entgegensteuern

Wenn durch den eigenen Einsatz ein Ungleichgewicht entsteht, ist es auf jeden Fall ernster zu nehmen als ein flapsiger Satz für ein Interview, mit dem man den Arbeitseinsatz als „hart wie beim Workaholiker, aber im gesunden Bereich“ adelt. Die Frage ist doch, was bleibt liegen? Was fehlt für die Balance? Und was steckt dahinter?

Da gibt es viele mögliche Ansatzpunkte:

  • realistisches Einschätzen der Möglichkeiten bei schwierigen äußeren Umständen wie Termindruck im Projekt
  • innere Stärke bei Druck von außen
  • Aushalten von sozialen Konflikten, die bei „Nein-Sagen“ entstehen können
  • ein Selbstbild, das „Nein-Sagen“ erlaubt, Abgrenzung statt Symbiose oder übertriebenen mittelalterlich-christlichen Moralvorstellungen
  • gutes Selbstwertgefühls versus kurzfristiger Aufwertung über Leistung oder Lob von außen
  • Berücksichtigung innerer Werte und Visionen im Vergleich zu Geld und Statussymbolen
  • attraktive Alternativen zur Arbeit statt Frust und schwer zu ertragende Konflikte zu Hause („Wegrennen“)
  • interessante und verlässliche Freizeitgestaltung statt Langeweile („vor Arbeit den Alltag vergessen“)
  • Umgang mit mir selbst, innere Dialoge
  • suchtähnliche Verhaltensmuster mit echtem Krankheitswert usw.

Bin ich ein Workaholik? Ja, aber ich habe auch kein Problem, mir Zeit für mich zu nehmen.

Chris Jericho, kanadischer Wrestler

Sind Sie ein Workaholiker*in?

Jedes der Zitate lässt ganz leicht mindestens einen der Ansatzpunkte direkt oder indirekt anklingen, aber sie greifen zu kurz. Zum einen ist die Definition eines Workaholikers viel präziser (s. auch Test) und nicht nur „Liebe zum Beruf“, was ja etwas sehr schönes und positives ist, wenn es nicht zu einer Besessenheit wird. Wobei auch Besessenheit uns wunderbare Kunstwerke beschert hat. Gleichzeitig hätte ich mit einem Van Gogh nicht mein Leben teilen wollen, denn so eine einseitige Beschäftigung kostet einen Preis. Entweder die betroffene Person, oder das Umfeld zahlt sie. Meistens beide.

Eine Ausgewogenheit in all den Punkten braucht immer wieder Pflege und Kraftquellen, wie regelmäßigen Abstand/ Vogelperspektive, Zeit für Innenschau oder gute Gespräche mit Freunden. Ist die Stress-Spirale erst einmal zu weit gedreht, kann das allein sehr schwierig werden.

Leider reicht es nicht aus zu wissen, dass Sie in der Lage sind, mal Urlaub oder Zeit für sich auch einfach genießen zu können, und schon ist es die Bestätigung, dass alles im Lot ist und weiter so wie bisher, auch wenn das Bauchgefühl schon lange Warnzeichen gibt. Mal einen Tag Arbeit liegen lassen zu können, heißt noch lange nicht, dass die Balance stimmt.

Um zu schauen, wo Sie stehen und ob vielleicht ein Risiko besteht, etwas zu verharmlosen, gibt der kurze externe gratis Test einer Psychologin erste Denkanstöße.

Zum Überprüfen einer blinden Arbeitswut versus hoher Zielstrebigkeit lohnt sich auch eine bewusste Unterscheidung zwischen Effizienz und Effektivität in einem weiteren Artikel.

Unabhängig von den individuellen Anstrengungen ist beeindruckend, wie viel Unterschied schon allein die Aufmerksamkeit des Arbeitgebers und entsprechende Begleitung bewirken kann, bei gleicher Sachlage betroffener Mitarbeiter: Die Zufriedenheit stieg, Burnouts mit Risiko eines Arbeitsausfalls sanken beträchtlich (Studie der Florida State University von 2013, deutscher Kommentar).

Wenn Sie das Thema interessiert, kontaktieren Sie uns gerne!

 

Artists about workaholism

Quite interesting, what quotes you find about “workaholic”. Maybe glorifying heavy work load is used to artificially create a meaning you lack elsewhere?
(Strange, how the search gave only citations of arts people…)
I guess as society we still tend to compare ourselves to others too much instead of looking at our own individual progress and contentment.

If loving your job qualifies you as a workaholic, then yes, I am one for sure!

Ashish Sharma (Indian actor)

 

I’m a workaholic, but I also like to vacation.

Karrueche Tran (American actress)

 

Am I a workaholic? Yes, but I also have no problem taking time for myself.

Chris Jericho (Canadian Wrestler)

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