Auto oder Alpenverein? Stau, Selbstwirksamkeit oder Tod?

Wer ein Paradies einfach nur kaufen will, geht leer aus. Zufriedenheit funktioniert nicht so einfach, wie Fiat in seiner Werbung (letzter News-Post) suggeriert. Selbst Autos funktionieren so befriedigend einfach. Porsche gekauft, und schon steht man neben einem Kleinwagen genauso langsam im Stau. Auch nicht gut für das Gefühl, Dinge selbst gestalten zu können, also Selbstwirksamkeit. Und das wiederum ist zentral für eine gesunde Resilienz, Widerstandskraft bei Schwierigkeiten. Deswegen finde ich die Wege zum Ziel so viel erfolgsversprechender, auf denen es die Chance gibt, sich mit seiner Kraft und Charakter auch selbst zu erleben.

In diesem Sinne nach der Fiat-Werbung, die mich zum Kopfschütteln brachte, hier das so viel schönere Zitat vom Kalender des Deutschen Alpenvereins:

Klettern erzählt von Freiheit. Wer klettert, trifft seine eigenen Entscheidungen,

sucht sich seine Projekte aus und entscheidet selbst, welche Risiken er eingeht – in jeder Hinsicht.

David Lama

Der Preis dieser Freiheit?

Zyniker könnten sagen, er ist viel zu hoch: Genau dieser 1990 geborene Ausnahme-Bergsteiger David Lama kam ums Leben, jetzt gerade erst, am 16.4.2019, also lange nachdem der Deutsche Alpenverein sein Zitat für den Kalender aussuchte. Zusammen mit Hansjörg Auer und Jess Roskelley wurde er bei einer sehr anspruchsvollen Route während des Abstiegs vom Gipfel des Howse Peak in Banff, Kanada, von einer Lawine erwischt. Das ist tragisch. Ob es schicksalshaft ist, kann man sich zynisch streiten – man hätte ja dem ganzen ausweichen können, indem sie einfach auf ihren Sofas sitzengeblieben wären.

Wahrscheinlich ist und bleibt es, wie Lama es auch formuliert hat, eine höchst individuelle Entscheidung, „Risiken […] in jeder Hinsicht“. Meine persönliche Vermutung ist, dass der junge Sportler auch mit dem Risiko des Todes im Bewusstsein nicht versucht hätte, stattdessen über das Kaufen von Autos glücklich zu werden. Ja, vielleicht hätte er einen anderen Berg gewählt, eine andere Jahreszeit, vielleicht sogar ein anderes forderndes Hobby. Aber sicher nicht das Sofa. Und ich glaube, diese Wahl macht zufriedener. Natürlich verkürzt sie im Idealfall auf keinen Fall das Leben, aber wie groß das Risiko von so etwas sein darf, entscheidet jeder selbst mit dem Wissen, was ihm zu dem Zeitpunkt zur Verfügung stand. Ich wünsche den Angehörigen, dass auch sie mit der Entscheidung und den Konsequenzen ihren Frieden finden oder schon gefunden haben.

Ziemlich drastisch zeigt das Schicksal von David Lama, dass diese Wahl der Freiheit mehr Einsatz fordert. Und, wie Klettern an sich, auch mehr Risiko birgt, selbst wenn es nicht so extrem sein muss wie in seinem tragischen Fall. Über was er aber spricht, und hoffentlich erlebt hat, was sein kurzes Leben hoffentlich reich gemacht hat, sind die vielfältigeren Belohnungen bereits auf dem Weg, während der Aktivität (Freude, Sonne, Muskelaufbau). Manch einer, der länger lebt, würde diese Lebensqualität vielleicht sogar gegen seine Lebensspanne eintauschen. Solche Schicksale – egal ob früher Tod im realen Leben oder „Scheintod“ durch ein genussarmes Leben, dass nur noch Raum lässt für das Sofa, und aus dem die Menschen vielleicht erst durch einen schweren Schicksalsschlag aufgeweckt werden – machen mich immer sehr nachdenklich.

Aber glücklicherweise ist im Alltag diese Entscheidung ja nicht so drastisch schwarz oder weiß zu treffen. Es gibt viele einzelne Entscheidungen zu Risiko und Freiheit, die ich jeden Tag neu treffen kann. Und mit jeder, und sei sie noch so klein, die weg führt von der bequemen, gedankenarmen, zu leichten Lösung, gewinne ich auf jeden Fall dazu. Selbst wenn das Projekt klein ist oder falls ich das gesteckte Ziel doch nicht erreichen sollte. Vielleicht ist es mir dann ja auch gar nicht mehr so wichtig, weil ich mehr Einsichten und ein noch lohnenswerteres Ziel gefunden habe. Wichtig ist, den Weg bewusst zu gehen und hoffentlich auch genießen zu können. Da verweise ich gerne auf die Geschichte des Schneiders, der Nadel im Heuhaufen und der Prinzessin.

Ursprünglich, also vor dem tragischen Unfall, fiel mir das Bergsteiger-Zitat auf, weil es auch so gut passt zu dem Satz für die erste Begrüßung auf der Hauptseite von Coaching Hamburg Harburg zu „Personal Coaching“

Es gibt Ziele, die sind ohne erfahrenen Bergführer nicht zu erreichen.

Manches ist wirklich nur im Team erreichbar, mit ergänzenden Fähigkeiten. Manch anderes ginge vielleicht auch allein, aber mit höherem Risiko für Verletzungen oder Scheitern oder frustriertem Aufgeben. Auch ein Erfahrung, auch ein Team, auch ein Bergführer schützt nicht vor allem, garantiert keinen Erfolg. Aber sie helfen, die vielfältigen Entscheidungen sicherer zu treffen, Chancen zu erhöhen und Risiken zu minimieren. Und auch auszuwählen, welche Optionen ich getrost ignorieren kann und welche Entscheidungen wegen ihrer Konsequenzen bewusst getroffen werden sollten, gut zu sortieren, damit der Wald auch sichtbar und genussvoll bleibt vor lauter Bäumen.

Coaching als Methode finde ich da schön ausgewogen: Sie entscheiden sich für die Freiheit, für Ihre eigenen Entscheidungen, und gleichzeitig dafür, sich begleiten zu lassen auf Augenhöhe. Damit Sie nicht im Stau stehenbleiben, sondern wirklich Ihre eigenen PS ausfahren. Ein Auto-Motor kann noch so teuer sein und noch so „beeindruckend“ klingen, das Erleben von echter Selbstwirksamkeit ist viel persönlicher. Und wenn Sie bewusst abwägen, müssen Sie weder „weiß“ vor Langeweile sterben im Stau noch „schwarz“ bzw. blind ungeahnte Risiken eingehen. Sondern Sie entscheiden bewusst, welche Größenordnung und Art das Risiko haben darf, was Sie eingehen für Ihr eigenes Ziel. Und glücklicherweise gibt es ganz viele Bereiche jenseits des Kletterns, in denen Sie ohne Lebensgefahr Selbstwirksamkeit erleben und Freiheit entdecken können.

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