Ziele ernst nehmen – und beeinflussen (auch nach der Wahl)

Jeder kann sich unverbindlich Ziele setzen und die dann nicht einhalten. Das ist keine Kunst.

Rezo in seinem politischen Video „Die Zerstörung der CDU“ (Minute 17:30)

 

Inhaltlich kann man sich mit dem populären Auftritt des Bloggers vor der Europa-Wahl lange auseinander setzen, dafür finde ich die Links zum Faktencheck (Einzelnachweise 25-28) beim Wikipedia-Eintrag zum Video einen ganz passablen Einstieg, auch wenn der selbst nicht automatisch auf einem wissenschaftlichen Niveau ist.

Aber unbestreitbar emotional markant ist der Beitrag zur Debatte so oder so, und das obige Zitat fand ich in der Rolle als Coach besonders griffig. Da juckt es mir in den Fingern, aus der negativ formulierten Aussagen den positiven Impuls zu nehmen, nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Sondern aktiv zu sein. Das müssen Sie von mir in der Rolle als Coach nicht zwingend politisch verstehen. Wie im vorhergehenden News-Beitrag zur Wahl gelten die Prinzipien allgemein für Ziele, die Sie für wertvoll erachten aber vielleicht nicht 100% selbst beeinflussen können.

So, die Wahl ist nun gelaufen. Und die Aufgabe vermeintlich in fremden Händen, denen der Politiker verschiedener Parteien. Ein Klassiker bei größeren Projekten, nur wenig steuern wir direkt oder ausschließlich eigenständig. Was kann man da tun bei so viel fremdem Einfluss?* Ich kann für mich die Ziele definieren, die ich mit der Wahl (bzw. meiner Entscheidung) verknüpft habe– und schauen, also kontrollieren, ob die Partei (bzw. die zuständigen Personengruppe) darauf hinarbeitet, bei der ich eine Kreuzchen gesetzt habe. Wenn nicht, nach einer besseren Alternative für meine nächste Wahl suchen. Es sei denn, ich finde die Gründe nachvollziehbar, warum sie sich so verhält.

Und für diese Kontrolle brauche ich Kriterien und eine Vorstellung von Teil- bzw. Etappenzielen. Einer meiner Messpunkte ist ein praktikables Besteuerungsmodell für den CO2-Verbrauch, um diesen über das Preisbewusstsein zu senken. Und damit auf ein formuliertes größeres Ziel wie eine Bewältigung der im Video angesprochenen Klimaherausforderung hinzuwirken. Dieser Vorschlag der CO2-Steuer war ja tatsächlich bereits im Parteiprogramm der Grünen, als sie 1998 in die Bundesregierung berufen wurden. Vor historischen, unglaublichen 21 Jahren. Ganz schön Zeit vergangen seitdem. Das kann schnell gehen auf dem Weg zu großen Zielen, ohne dass man mitbekommt, welche Risiken dieser mangelnde oder extrem verzögerte Fortschritt birgt. Das geschieht besonders leicht, wenn gar nicht erst ein Etappenziel identifiziert, das man kontrollieren will. Und es kann sehr gefährlich sein: Je nachdem, wie man die Hochrechnungen liest, haben wir nicht noch einmal soviel Zeit zum Gegensteuern, um die Erderwärmung zu reduzieren.

Deswegen ist ein detaillierter Plan eine sinnvolle Absicherung: Messpunkte, Kriterien und festgelegte Intervalle für Prüfungen. Wie bei jeder guten Projektplanung, Standardwerkzeuge eines Coaching-Prozesses. Und dann folgen als nächstes die genauso wichtigen Überlegungen, welchen Einfluss ich auf die weitere Entwicklung nehmen kann –und will.

In der Klimadebatte kann es sein, dass ich mich auf die Parteien verlasse, und „meinem“ Abgeordneten alle 3 Monate meine Meinung schreibe, also mit der beauftragten Personengruppe in Kontakt bleibe. Oder wie Fridays for Future auf die Straße gehe, um meine Meinung auf andere Weise kund zu tun. Oder mich elegant und zeitsparend dafür entscheide, mich an CO2-Kompensationsmaßnahmen finanziell zu beteiligen, also einer Regenwald-Organisation zu spenden, CO2-Ausgleich auch ohne Flugreisen zu betreiben oder Aufforstungsprojekte zu unterstützen. Oder ganz konkret und selbstwirksam in meinem Leben gegensteuere, vielleicht mich einschränke, indem ich das Auto stehen lasse, saisonal-lokal ernähre, teurere Produkte kaufe, die dafür die CO2-Bilanz berücksichtigen oder aufwendige Verpackungen und Herstellungsweisen vermeide.

Also selbst wenn nicht alles in meiner eigenen Hand liegt, gibt es viele Möglichkeiten zumindest über Teil-Ziele auf die größere Zielsetzung Einfluss zu nehmen. Nicht nur (aber auch) in jeder offiziellen Wahlperiode durch ein Kreuzchen, sondern jeden Tag. Täglich kann ich meine Wahl aktiv treffen und konsequent weiter verfolgen. Diese Verbindlichkeit bietet, aber braucht auch jedes Ziel, das ich ernst meine. Individuelle Optionen dafür gibt es genug, ich muss sie nur finden und umsetzen wollen.

(*) Als verwandter Impuls in den News gibt es das kurze Zitat zum Thema Führung ohne Machtbefugnis und den Link zum Wikipedia-Artikel über die sogenannte „Laterale Führung“. Ein spannendes Konzept, wenn die gestaltende Person Ihnen viel näher ist als ein Politiker, also z.B. Ihr Vorgesetzter ist. 

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